In den vergangnen Wochen wurde ich oft darauf angesprochen, was eine mögliche Strommangellage in der Schweiz für Unternehmen bedeutet, die Microsoft 365 und Azure einsetzen. Diese Fragestellung lässt sich im Prinzip auf alle aus der «Cloud» bezogenen Dienste erweitern – sei es die Public oder die Private Cloud. Nachfolgend einige Fragestellungen und Antworten dazu.

Hängen die Gas- und Strommangellage zusammen?
Ja, zur Produktion von Strom wird in Europa Gas genutzt. Wird dieses knapp, kann weniger Strom gewonnen werden.

Warum haben wir eine Strommangellage?
Die Versorgungslage hat sich bereits vor einem Jahr verschlechtert. Gründe dafür waren unter anderem die Pandemie, Unterbrüche in den Lieferketten und steigende Preise. Weiter verschärft wurde die Lage durch den Krieg in der Ukraine und den damit verhängten Sanktionen gegen Russland sowie technische Probleme bei den AKWs in Frankreich.

Was ist der Unterschied zwischen einer Stromangellage und einem Blackout?
Gemäss Swissgrid tritt eine Strommangellage auf, wenn das verfügbare Stromangebot nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken. Das kann zu Spannungseinbrüchen und Unterbrechungen im Stromnetz führen. Ein Blackout hingegen ist ein vollständiger Stromausfall, der sich über eine größere Region oder sogar ein ganzes Land erstrecken kann. Bei einem Blackout ist grundsätzlich genügend Strom vorhanden, jedoch kann dieser z.B. durch Schäden am Stromnetz oder auf Grund einer Naturkatastrophe nicht transportiert werden. Dieser Zustand kann über Tage, Wochen oder sogar Monate bestehen bleiben.

Was wird in der Schweiz gegen eine mögliche Strommangellage getan?
Der Bundesrat hat Massnahmen für den Fall einer Strommangellage verfasst und diese bis zum 12.12.2022 in die Vernehmlassung geschickt.

Was bedeutet das im Kontext von Rechenzentren?
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) stuft Rechenzentren als kritische Infrastruktur ein. Sollte tatsächlich ein Strommangel eintreten, wird die Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen (OSTRAL) im Auftrag des Bundes aktiv. Diese schreibt auf seiner Internetseite, dass Grossverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100’000 kWh verpflichtet werden, eine bestimmte Strommenge einzusparen. Dies schliess auch alle grösseren Rechenzentren ein. Was das in einer konkreten Krisensituation für ein Rechenzentrum im Detail bedeutet ist unklar.

Was ist mit dem Internet?
Rechenzentren verfügen in der Regel über direkte Anbindungen an mehrere Internetprovider. Damit ist die Datenverbindung auch gewährleistet, wenn einer der Anbeiter ausfällt oder eine Leitung beschädigt wird. Diese Verbindungen unterstehen zudem speziellen SLAs. Wie sich die Massnahmen einer Strommangellange jedoch auf die Internetprovider auswirken würde ist unklar. So schreibt Init7 auf der Webseite, dass keine Informationen dazu vorliegen, wann und wie lange der Strom an ihren Knotenpunkten – welche sich meist in Infrastrukturen von Dritten befinden – abgestellt würde. init7 verweist auf die Betreiber der Datacenter.
Weitere Unsicherheiten gibt es in einem solchen Fall auch bei der Übertragung der Daten vom Rechenzentrum bis zum Empfänger. Durch Stromausfälle bzw. -kontingentierung bei den unterschiedlichsten involvierten Akteuren (lokale Internetprovider, lokale Engergieversorger, Mobilfunkanbieter usw.) könnte es zu Unterbrüchen kommen, die eine Übertragung einschränken oder zeitweise verunmöglichen.

Wie bereiten sich Betreiber von Rechenzentrum vor?
Auch ohne Strommangellage verfügen grosse Datacenter über Batterien und Dieselmotoren, mit welchen sie über mehere Tage und teilweise Wochen hinweg autonom einen Betrieb aufrecht erhalten können. Es ist davon auszugehen, dass diese Massnahmen ausgeweitet und Treibstoffvorräte aufgestockt bzw. gesichert wurden. Green hält dazu in einer Medienmitteilung vom 28.10.2022 fest, dass die Generatoren für den Notfall einsatzbereit sind.

Was sagt Microsoft Schweiz dazu?
Im Interview mit dem Tagesanzeiger vom 1. Oktober 2022 sagte die CEO von Microsoft Schweiz, Catrin Hinkel, dass die Schweizer Rechenzentren von Microsoft als systemrelevant eingestuft seien und es einen entsprechenden Notfallplan gäbe, der unter anderem Notstromgeneratoren vorsieht.

Fazit
Dass die M365- und Azure-Dienste grundsätzlich bereitgestellt werden können, scheint sehr wahrscheinlich. Eine Sicherheit dafür gibt es, wie weiter oben im Artikel ausgeführt, allerdings nicht. Auch wenn die Dienste aus der Microsoft Cloud trotz Strommangellange verfügbar sind, gibt es zahlreiche Einflussfaktoren, die dazu führen können, dass diese Dienste auf Ihrem Endgerät nicht verfügbar sind.

Empfehlung
Eine redundante Internetverbindung verteilt auf unterschiedliche Internetprovider (Mobilfunk, Glasfaster, Kupfer) könnte hilfreich sein, um die Ausfallwahrscheinlichkeit am Endpunkt zu reduzieren. Auch sollten Fallback- und Notfallkonzepte für die IT und die bezogenen Dienste aus der Cloud erarbeitet werden, sollten diese nicht bereits bestehen. Gerade für Unternehmen ist eine Beratung durch ein spezialisiertes Unternehmen empfehlenswert.